Kartoffelbier im Kleinen zu brauen
Das practische Verfahren Kartoffelbier im Kleinen zu brauen, entweder zur Darstellung eines Haustrunks, oder zu einer vorläufigen Belehrung, wozu ich 1/2 Tonne = 54 Dresdner Meßkannen als Norm ausnehme, ist folgendes.
50 Pf. Kartoffeln werden roh gerieben und vorgeschriebenermaasen entwässert, alsdann 5 Pf. Gersten=Luftmalz=Schrot in einem kupfernen Kessel mit Wasser angerührt, so, daß es klumpenlos und im Wasser gleichartig vertheilt sich befindet, die entwässerrte Kartoffelmasse dazu gethan, wobei nach und nach soviel Wasser zugegossen wird, daß in Summa 55 Dresdner Meßkannen in Anwendung kommen.
Durch angemessene Feuerung wird nunmehr dieses Gemenge unter stetem Umrühren bis zu 50 Réuam. erhitzt, und in dieser Wärmetmeratur 2 Stunden lang gleichförmig unterhalten, so, daß diese Temperatur niemals unter 48 Réuam. sinken und nicht über 52 Réuam steigen darf, weil sonst in beiden Fällen der Stärkezuckerbildungsact  nachtheilig beeinträchtigt werden würde. Sollte ein höheres Steigen der Temperatur, als 52° Réuam., sich einstellen, so sucht man vorerst durch Zugießen eines Antheils kalten Wassers solches zu verhüten, alsdann durch Verminderung des Feuers die hierzu erforderlich Wärmetemperatur zwischen 48 und 52° Réuam. zu bewerkstelligen.
Die Temperatur von 50° Réuam. ist die günstigste, weswegen man bemüht seyn muß, dieselbe, wo möglich, recht gleichartig zu unterhalten.
Die Kartoffelmasse scheint zwar Anfangs etwas dick zu werden, geht aber gar bald hernach in Wasserflüssigkeit über, wobei das anfänglich mehlweiße Aussehen der Gesamtmasse sich verleirt, und die Flüssigkeit, gegen das Licht gehalten, hell und durchsichtig wird.
Die eingetretene Wasserflüssiggkeit ist das Kennzeichen, daß der Stärkemehl:gehalt völlig zu Dextrin umgeändert worden ist, wonach nunmehr endlich die Zuckerbildung stufenweise beginnt, weshalb es nothwendig ist, diese Flüssigkeit in der die Zuckerbildung begünstigenden von 50° Réuam 2 Stunden recht gleichartig zu unterhalten.
Der Geschmack dieser Flüssigkeit ist anfänglich unbedeutend, kaum bemerkbar süß, bei der anhaltenden gleichförmigen Wärmetemperatur von 50° Réuam.  tritt jedoch der süße Geschmack immer deutlicher hervor, sodaß nach Verfluß der 2 Stunden die Flüssigkeit rein süß schmeckt, welche Süßigkeit dem Geschmacke nach alsdann nicht weiter zunimmt.
Schon hierbei ist nicht der geringste Nebengeschmack nach den Kartoffeln mehr bemerkbar.
Nachdem diese Gesamtmasse 2 Stunden lang in der angegebenen Temperatur von 50° Réuam. unterhalten worden, wird das Feur nur etwas verstärkt, sodaß die Flüssigkeit zu der Temperatur von 60° Réuam. gelant, welche Temperatur ungefähr noch ½ Stunde lang unterhalten wird, wonach sämtliche Flüssigkeit zum Durchseihen auf einen Korb gegossen wird.
Der im Korbe verbliebene Rückstand wird nochmals in den Kessel zurückgebracht, wozu 15 bis 18 Meßkannen Wasser wiederum zugegossen werden, und einer kurzen Kochung unterworfen, worauf die Flüssigkeit ebenfalls durch den Korb geseiht und dann der erstern mit zugefügt wird.
Diese beiden durchgeseihten Flüssigkeiten werden nunmehr vereint in den Kessel nochmals zurückgebracht, um den Hopfen damit zu kochen.
Die Menge des hierzu erforderlichen hopfens ist beliebig und richtet sich dansch, ob man das Bier mehr oder weniger bitter wünscht, auch ist diese Menge Hopfen von der Qualität desselben abhängig. Im allgemeinen, durchschnittlich gerechnet, kann man zu der hier angegebenen Menge Flüssigkeit ½ Pfund Hopfen rechnen, welche Menge, wie nur erwähnt beliebig abgeändert werden kann.
Besonders kräftig nach Hopfen schmeckend wird das Bier, wenn der Hopfen des Tags zuvor mit viel kochendem Wasser überbrüht wird, daß derselbe im Wasser völlig eingeweicht sich befindet. Der hopfen wird durch diese Behandlung vorbereitet erweicht (macerirt), wonach die Aufschließung und Mittheilung seines eigenthümlichen gewürzhaften Bitterstoffs leichter und vollkommener erfolgt, und in diesem Falle nicht nur eine kürzere kochung mit der Bierwürze erfordert, sondern dadurch auch ein ansehnlichere Antheil Hopfen erspart werden kann.
Bei der Hopfenkochung setzt man, wie bei´m Malzbier zu geschehen pflegt, noch etwas Kochsalz mit hinzu, wozu ungefähr 1 Loth hinreichend ist.
Nach beendigter Hopfenkochung wird der Hopfen durch nochmaliges Durchseihen durch einen korb abgesondert, und die nunmehrige Bierwürze zu Erkaltung bis zu 15° oder 18° Réuam. gebracht, welche Erkaltung, wie beim Malzbiere erforderlich, ebenfalls möglichst schnell bewerkstelligt werden muß.
Sollte die hiermit erlangte Bierwüze, nach geschehener Erkaltung, dem Gemäße nachnoch nicht volle 54 Dresdner Kannen betragen, so wird in diesem Falle noch soviel Wasser zugesetzt, daß genau eine richtige halbe tonne oder 54 Meßkannen erlangt werden.
Bei der Temperatur von 15 Réuam. zeigt diese Bierwürze an der Stoppanischen Bierwage 30 Grade.
Ist die Erkaltung dieser Bierwürze bis zu 15° oder 18° Réuam. eingetreten, so werden die Hefen zugesetzt, wozu gute kräftige wiße Oberhefen (Stellhefen) in Anwendung genommen werden müssen, deren Menge ungefähr eine Obertasse voll zu seyn braucht.
Nach Verfluß von 10 bis 12 Stunden beginnt die Gährung, die alsdann in lebhaften Gang geräth und genau ebenso verhält, wie die gewöhnliche Malzbiergährung, und deshalb auf ebendieselbe Art und Weise abgewartet werden muß und wobei zugleich eine beträchtliche Menge weißer Oberhefen gewonnen wird.
Nach Verfluß von 3 Tagen ist, in der Regel, eine lebhafte Gährung beendigt, und das nunmehr erzeugte Bier ruhig geworden, wonach das Faß mit Wasser spundvoll nachgefüllt und solches alsdann nur leicht, nicht luftdicht verschlossen wird, womit die ganze Procedur des Kartoffelbierbrauens beendigt ist.
Das hiermit erlangte fertige Bier wiegt nach beendigter Faßgährung an der Stoppanischen Bierwage 15 Grade, wogegen  andere einfache, übrigens sehr gute Malzbiere, als z.B., von Frohburg, Borna, Prießnitz an ebenderselben Bierwage variierend nur 5 bis 7 Grade anzeigen.
Dieses Kartoffelbier besitzt auch nicht den geringsten Nebengeschmack, welcher nur im entferntesten an die Kartoffeln rückerinnert, und ist in Beziehung des kräftigen Wohlgeschmacks von einem Malzbiere nicht zu unterscheiden.
Dies ist das ganze der Bereitungsart des kartoffelbieres, woraus hervorgeht, daß dieselbe in der hauptsche mit der gewöhnlichen Malzbierbereitung conform ist, und deshalb nach Acquisition einer Reibemaschine in jeder Brauerei ohne weiteres unternommen werden kann.
Da 50 bis 100 Pfd. rohe Kartoffeln in kurzer Zeit auf dem gewöhnlichen Küchenreibeeisen gerieben sind, so ist bei einer solchen Menge Kartoffeln die Acquisition einer besonderen Reibemaschine keineswegs nothwendig.