Der Thüringer Kloß soll Weltkulturerbe werden

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Aus dem Themenheft 01/2007:
Dr. Roland Bernecker (Genralsekretär der Deutschen UNESCO-Kommission) nahm 2002/2003 für Deutschland an den Pariser Verhandlungen zu diesem Übereinkommen teil. Aus seiner Sicht sprechen heute im Wesentlichen drei Gründe für einen Beitritt Deutschlands zur UNESCO-Konvention zum Schutz und Bewahrung des Immateriellen Kulturerbes:
  • internationale Vertrauensbildung durch das Ernstnehmen der Sorge einer großen Zahl anderer Staaten, die dem drohenden Verlust ihres überlieferten Kulturerbes entgegenwirken wollen;
  • die Chance, die Bedeutung volkstuemlicher Traditionen für zeitgenössische Kunst neu zu entdecken;
  • die aktive Mitgestaltung der internationalen Umsetzung dieses neuen Völkerrechtsinstruments.
http://www.kulturrat.de/dokumente/enquete-bericht.pdf

Auf Seite 428 und Seite 429 geht der im März 2008 vorgestellte Bericht auf das Immaterielle Kulturerbe ein:

Neben dem materiellen Kulturerbe fühlt sich die UNESCO auch dem immateriellen Kulturerbe verpflichtet. Im Jahr 2003 wurde das "Übereinkommen zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes" verabschiedet. Es trat im April 2006 in Kraft, nachdem es von 30 Staaten ratifiziert worden war. Dieses Übereinkommen zielt darauf ab, die Inventarisierung, Sammlung und Pflege kultureller Traditionen, Fertigkeiten und vom Aussterben bedrohter Sprachen in einem völkerrechtlich verbindlichen Rahmen fortzusetzen. Deutschland hat dieses Abkommen noch nicht ratifiziert. Bezüglich des immateriellen Kulturerbes sind besondere Probleme zu berücksichtigen. Moderne, hochkomplexe Gesellschaften europäisch-atlantischer Tradition mit vorwiegend schriftlicher und institutionalisierter Tradierung von Wissen, Werten und Standards haben ein anderes Verhältnis zum immateriellen Kulturerbe als das in vielen anderen Teilen der Welt der Fall ist. "Unter Schutz sind Maßnahmen zu verstehen, die auf die Sicherung der Lebensfähigkeit des immateriellen Kulturerbes gerichtet sind …", sagt Artikel 2 Abs. 3 der Konvention zum Schutz des immateriellen Kulturerbes. Ein lebendiges kulturelles Milieu ist der Nährboden für das Leben und die Überlieferung des immateriellen Kulturerbes. Es sollte deshalb zentraler Bezugspunkt für die Pflege und den Schutz dieses Erbes sein. Solche Milieus, in denen sich Tradition und Aktualität verbinden, sind auch im europäischen Alltagsleben in zahlreichen Facetten, zum Beispiel der Laienkultur, und vielen Regionen mit besonders intensiv ausgeübten Gemeinschaftsriten existent. Aufwertung bzw. Inwertsetzung der kulturellen Infrastruktur gehen aus von vorhandenen Traditionen, Aktivitäten und dem entwickelten Niveau der Nutzer und Bürger und schafft die Voraussetzungen und Grundlagen für ein entwicklungsfähiges, entwicklungsbereites Milieu, in dem die Nutzer als handelnde Subjekte (und nicht nur als Konsumenten) auftreten. Wenn immaterielle Kultur geschützt werden soll, dann müssen jene Milieus gepflegt werden, in denen aktuelle und tätige Auseinandersetzung mit den Herausforderungen in den regionalen und lokalen Lebenswelten des Alltags stattfindet.


3. Die Enquete-Kommission empfiehlt der Bundesregierung, die Initiative zur Ratifizierung des Abkommens zum immateriellen Kulturerbe zu ergreifen und entsprechende Maßnahmen vorzubereiten. ( Sondervotum FDP-Fraktion: "Wir teilen im Grundsatz die Ziele des Übereinkommens und erkennen die Bedeutung des immateriellen Kulturerbes und dessen Bewahrung ausdrücklich an. Die vorgeschlagenen Institutionen und Maßnahmen (Zwischenstaatliches Komitee, Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit, Fonds für das immaterielle Kulturerbe etc.) stellen jedoch eine unnötige Bürokratisierung und Konservierung des kulturellen Lebens dar, der wir eine lebendige Weiterentwicklung des immateriellen Kulturerbes vorziehen.")51
4. Die Enquete-Kommission empfiehlt die Bundesregierung, die Möglichkeiten zu prüfen, im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit einen Schwerpunkt auf die Förderung und den Schutz des materiellen und immateriellen Kulturerbes von Entwicklungsländern zu legen.
Offizielle Textfassungen des UNESCO Übereinkommens International Convention for the Safeguarding of the Intangible Cultural Heritage