Der Bauer Hans Roggler aus Selb bringt die Pflanze mit ins Vogtland.

1647 wird die Kartoffel in Pilgramsreuth in Oberfranken von dem Bauern Hans Rogler erstmals (in Deutschland) feldmäßig angepflanzt, am Ende des 17. Jahrhunderts (1694) sind - wie aus den Protokollen über Zehntstreitereien hervorgeht - bereits auf mehr als fünfhundert Feldern Kartoffeln angebaut, die einen Ertrag von dreizehnhundert Zentnern jährlich erbringen. Rogler soll nach den Aussagen von Nachbarn die Kartoffel in Roßbach, einem Ort im Grenzgebiet Sudetenland und Böhmen, bei einem Verwandtenbesuch kennengelernt und in seine Heimat mitgebracht haben; die Fama berichtet, daß er sie dort sah, sie ihm gekocht vorgesetzt wurden und ihm die neue Frucht schmeckte. Wieder zu Hause in Pilgramsreuth soll er sie ins Erdreich seines Gartens gedrückt haben.

Nach Roßbach wiederum soll sie - so Dr. Carl Putsche 1819 in seinem »Versuch einer Monographie der Kartoffel« - ein niederländischer Offizier aus Brabant gebracht haben, der 1645 dort einquartiert worden war.16) Im »Archiv für Geschichte und Althertumskunde von Oberfranken« schreibt der Bayreuther Bürgermeister E. C. von Hagen 1862:

»Der Sage nach hatte in Böhmen ein einquartierter niederländischer Offizier in der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts in einer dortigen Stadt von der Nützlichkeit des Baues der Kartoffel gesprochen, was man ihm jedoch nicht glauben wollte. Um die Richtigkeit seiner Angabe darzuthun, ließ er deßhalb aus seinem Vaterlande eine Partie Kartoffeln kommen und schenkte sie einem Edelmann in Böhmen, der sie auf seine Felder stecken ließ.«

Anton Jakob Ludwig schreibt 1770 unter Berufung auf noch ältere Dokumente:

" ist diese frucht, ungefehr um das 1650. jahr aus Braband nach Vogtland gebracht, und von der zeit an gebauet.«

Diese »Sage« ist glaubhafter als die Geschichte des Kartoffelanbaus, die mit dem Cromwellschen Soldaten aus Irland verbunden ist.

Bei den Streitereien 1696 über den Zehnt erklärt der Bauer Hans Gries(s)hammer aus Selb oder Pilgramsreuth vor der Landschreiberei in Hof, daß 1647, »als der Schwed« die Stadt Hof belagert habe17), noch keine Erdäpfel angebaut worden seien. Aber, »er wisse gar wohl, daß Hans Rogler, mit dem er ehedeß über gedroschen, die ersten Erdäpfel von Roßbach nach Pilgrimsreuth gebracht« habe. Nun, der Grieshammer wird schon wahr berichtet haben, denn ihm waren mit drei anderen »mit dem eyde belegten zeugen genaue fragen vorgelegt« worden. Andererseits sind Kartoffeln in Roßbach zu jener Zeit nicht angebaut worden; vielleicht hat der Rogler ein wenig geflunkert. Grießhammer bestätigt, daß nach dem Hans Rogler18) auch die anderen Bauern in Pilgramsreuth angefangen hätten, die Erdäpfel anzubauen. Sie hätten erkannt, so 1696 Nicol Seidel, Klosteruntertan in der Hofer Altstadt, daß die Erdäpfel »gut thuen«.

Der Pfarrer des Ortes, Matthias Keppel (oder Köppel bzw. Käppel) berichtet am 3. Februar 1696:

»Wie die Erdäpfel in Pilgramsreuth ihren Anfang genommen und wer sie hierher gebracht und wo solcher Bauer gewohnet, wissen die Beklagten zum Theil am besten, werden auch wohl das wissen, daß selbiges Bauern Nachbarn und andere Leute anfänglich solche Frucht verabscheuet und sich in deren Genießung der abscheulichsten Krankheiten besorget, auch da besagten Bauern ein Ochs umgefallen, alle Inwohner allhier gemutmaßet haben es müßte solches Vieh durch das Kraut der Erdäpfel, so man ihm zu fressen gegeben, vergiftet worden und deswegen verrecket syn, wiewohl dieses ›falso opinio‹, als die Erfahrung bishero bezeuget, war. Indem nun diese Frucht Mensch und Vieh wohl angedeyhet wird den Getreyd-Äckern durch die Erdäpfel ein ziemlich an Dungs entzogen.«

Pfarrer Keppel weist auch daraufhin, daß zu diesem Zeitpunkt die Kartoffeln (in Pilgramsreuth »Ehrdepfl« oder »Ehrpfl« genannt) weder in Bayreuth, Kulmbach oder Hof angebaut werden; es würde dort »eine andere Art, so man bey uns Erdbirn nennet, gar ein wenigs in den Gärten gefunden«. Der Pfarrer stellt auch fest, daß sich durch den Verkauf der Kartoffeln höhere Gewinne als beim Getreideverkauf erzielen lassen. Max Wirsing weist daraufhin, daß Pfarrer Keppel während seines Wirkens in Pilgramsreuth ein neues Schulhaus bauen ließ und das Schulwesen förderte. Darüberhinaus ließ er die Dorfkirche zu einer der schönsten Kirchen von Deutschland ausbauen, zu einem lutherischen Bauerndom. Da hätte man ihm doch den Zehnten gönnen können.