Kloßrezepte



Effelder Thüringer Klöße Salzunger Thüringer Klöße

















Effelder Thüringer Klöße

In einer 1808-1814 verfertigten Handschrift, die heute noch als wertvolles Erbstück in der Pfarrei von Effelder (Kreis Sonneberg) aufbewahrt wird, lesen wir das vermutlich älteste Rezept für die Herstellung von Thüringer Klößen. Es hat folgenden Wortlaut (Originalschreibung wurde übernommen):

Die Glöße sind von zweierlei Art. EineArt wird von gesottenen, dann geschälten und geriebenen Erdäpfeln gemacht, in welche man geröstete Semmelbröckchen knetet, und sie entweder in einem Ribes (eine Art Auflaufform) backt, oder wenn sie mit etwas Mehl vermischt sind, wie andere Glöße in einem Tiegel kocht.      zurück

Die zweite Art, welche die gewöhnlichste ist, und mit Fleisch gegeßen als Sonntagseßen betrachtet wird, besteht darin, daß man, wie beim Tatsch (roher Kartoffelbrei zur Herstellung von "Daitscher", altes Thüringer Hausrezept für in der Herdröhre gebackenen rohen Kartoffelbrei), die geschälten rohen Erdäpfel auf einem Reibeeisen, klein reibt, dann die Maße in einem Sack thut und mehr malen frisch Waßer darauf schüttet, das man in einen Kübel ablaufen läßt, und endlich die so durchge-wäßerte Maße so sehr möglich ausdrückt. Da von diesem Ausdrücken zum Theil die Güte der Glöße abhängt, so hat man eigene Kartoffelpreßen, die im Großen wie Citronenpreßen geformt sind, zwischen deren Blätter der Erdäpfelsack gelegt, und alles wäßrige rein ausgedrückt. Diese trockene Maße wird nun mit einem dünnen Brei von Mehl, oder Gries oder Hirse oder Heisel (Buchweizen), je nachdem man das eine oder andere hat, zu einer Glößmasse angemacht und wie andere Glöße geformt und gekocht. Wer die besonders gut haben will, reisßt sie beim Anrichten auf, übergießt sie mit heißer Butter. In dem abgelaßenen Waßer, das man sorgfältig aufhebt, setzt sich eine feine Maße, welche man, nach abgeschüttetem Waßer, heraus nimmt, und zum Gebrauch am Ofen oder an der Sonnenhizze trocknet. Dieß ist die Erdapfelstärke, die zwar zum Stärken der Wäsche nicht viel taugt, weil sie nicht hält, und auch das Weißzeug roth macht, aber, zu Mehl zerrieben, zum feinsten Backwerk, selbst zu Torten gebraucht werden kann. All diese Zubereitungen sind jetzt bei Reichen sowohl als Armen eingeführt, und nur, daß jene mehr Butter und Eier dazu nehmen, als diese können.        zurück

















Salzunger Thüringer Klöße                               zurück

Zutaten

1,5 Kg große geschälte Kartoffeln, Salz, 0,5 Liter Milch, 120g Semmelwürfel, 50g Butter,1 Schwefelstange

Was man machen muß, damit die Klöße auch zu Klößen werden:

Die geschälten rohen Kartoffen werden in einem geschlossenen Behältnis geschwefelt (Schwefelstange ca. 4 cm anzünden und mit einem Deckel verschließen)

Das Schwefeln hat die Bewandnis, daß die Kartoffelfasern nicht grau anlaufen und die Kartoffeln schön weiß werden - die dabei entstehende schweflige Säure gibt den originären pikanten Geschmack..

Zwei Drittel der rohen Kartoffeln werden gerieben. Dazu kann man eine moderne Küchenmaschine nehmen oder einfach nur eine alte Kartoffelreibe. Die geriebenen leicht gesalzenen Kartoffeln werden in einem Sack mit der Hand ausgepreßt. (Wir Thüringer haben dazu eine Kartoffelpresse!) Wer nicht soviel Kraft in seinen Fäusten hat, kann auch ein verknotetes Leinentuch oder ähliches nutzen, welches man der Waschmaschine - eingestellt auf den Schleudergang überantwortet. Ein Drittel der Kartoffeln werden in leicht gesalzenem Wasser gekocht und anschließend mit 0,5 Liter Milch zu einem dünnen Kartoffelbrei verrührt. (Früher hat man unentrahmte Milch zur Verfügung gehabt - da brauchte man den Anteil gekochte Kartoffeln nicht) Die knalltrockenen geriebenen Kartoffeln werden in eine große Rührschüssel gegeben und so zerbröselt, daß keine Klumpen mehr zu sehen sind. Anschließend wird der Kartoffelbrei kurz aufgekocht und damit die geriebenen Kartoffeln sehr schnell überbrüht. Die Kloßmasse wird ebenfalls extrem schnell und kräftig verrührt. Anschließend werden die Klöße zwischen zwei nassen Händen geformt und mit zwei bis drei mit Butter gerösteten Semmelwürfeln gefüllt. In leicht siedenden Salzwasser werden die Klöße in einem großen Topf ca. 10 -15 Minuten gegart. Wenn Sie oben schwimmen und einzelne Kartoffelfasern leicht glasig schimmern sind die Klöße gar!                zurück

Die Klöße sind gelungen, wenn sie auf den angewärmten Teller gelegt, und mit zwei Gabeln auseinandergerissen, knistern als wenn sie unter Hochspannung stehen. Die Kartoffelfasern müssen leicht glasig schimmern und die Klöße müssen leicht und wattig sein.
Sollten Sie nicht sofort zu diesem Ergebnis gelangt sein, so verzweifeln Sie nicht. Ein wenig Erfahrung und Übung ist schon notwendig, damit es richtig klappt. Es ist viel davon abhängig, was man für Kartoffeln erwischt hat. Manchmal ist zuviel Stärke in den Kartoffeln, dann wird es eine klebrige pampige Masse, manchmal ist zu wenig Stärke vorhanden, dann zerkocht alles zu einen undefinierten Brühe. Unsere Vorfahren haben ca. 200 Jahre für dieses Rezept gebraucht. Versuchen Sie es bitte öfter und Sie werden seltener zu Tütenklößen oder in die Tiefkühltruhe greifen, wo es Thüringer Klöße nun mal nicht geben kann. Die gibt es aber überall wo man ein wenig Geduld, Kartoffeln und heißes Wasser hat! Bei uns in Thüringen werden jährlich Hunderte von Tonnen Kartoffeln extra für unsere speziellen kulinarischen regionalen Interessen und Zwecke angebaut.                zurück
Guten Apetit!

Seit etwa 250 Jahren gibt es "Thüringer Klöße". In Thüringen werden Kartoffeln seit ca. 1717 und im ehemaligen Herzogtum Sachsen-Meiningen erst seit 1730 erwähnt. Im oberen Vogtland gibt es sie schon seit 1680. Die ersten Kartoffeln sollen aus Holland stammen und dienten hauptsächlich der Erzeugung von Kartoffelmehl, daß zum Strecken und als Ersatz für Roggenmehl diente. Der ausgepreßte Rückstand wurde als Viehfutter verwendet.

Die Thüringer haben damal sehr schnell erkannt, daß diese Kartoffelrückstände als Viehfutter eine Verschwendung waren und merkten, daß sich besonders bei Speisen mit Fleisch die Klöße aus Preßrückständen der Kartoffeln sich sehr gut als "Streckmittel" eigneten. Ein Abfall mutierte sich hier zu einer Delikatesse für arme Leute. Im vorigen Jahrhundert aß man Klöße über die ganze Woche. Im Urzustand oder als "Aufgeschnittene" nochmals in der Pfanne in Butter oder Schweineschmalz gebraten. Dieser Umstand änderte sich, als Kartoffelmehl immer mehr industriell hergestellt wurde und Klöße durch neue Speisen verdrängt wurden. Der rohe Kloß wurde dann wegen seiner aufwendigen Zubereitungsweise zum Luxus und zierte zumeißt nur noch den Sonntags- und Festtagstisch. Wenn sich die Thüringer Männer auch sonst selten in der Küche sehen ließen - so war die Prozedur der Kloßherstellung oft eine Domäne der Männer.               zurück

Im westthüringer Raum heißen die Klöße "Hütes"oder "Hüts". Eine Sage erzählt, eine gütige Fee hätte einst einer Thüringer Hausfrau das Rezept gegeben und gesagt: "Hüt es!". Hütes ist die Ableitung aus dem alten Wort "Heit", daß dem angelsächsischen Wort "head" (Kopf) entstamt. Mit dem Wegfall des "b" von althochdeutsch "houbit" (Haupt), wurde es ein Mundartwort für "Kopf" schlechthin. Die Klöße wurden also wegen ihrer kopfähnlichen Form so genannt und in einigen Dörfern hießen sie auch "Höbes". Der Name Kloß bedeutet soviel wie "Klumpen". In der Gegend um Lauscha heißen die Klöße "Knella", welches auf die süddeutsche Bezeichnung "Knödel" zurückgeht. Aber auch klitzekleine Klöße werden als Suppenbeilagen genutzt und die sprichwörtliche "Kloßbrühe", die selten klar sein kann, wurde mit Fleischbrühe zu weiteren Suppen verarbeitet.

Klöße bilden zusammen mit Fleisch ein kulinarisches Schlemmermahl - welches beim Essen immer zu der Entscheidung zwingt - "was ist nun mein nächster Happen - das Fleisch oder die Klöße". Wenn man das Fleisch gelangweilt auf dem Teller liegen läßt, dann sind die Thüringer Klöße, Salzunger Art gelungen!

Ein erster Weihnachtsfeiertag in einer Thüringer Haftanstalt, an dem die Klöße den Köchen nicht gelangen, war vor einigen Jahren Ursache für eine kleine Gefängnisrevolte.                           zurück