Die Kartoffel in Europa

· 1532 Francisco Pizarro erobert das Inkareich in Peru (der Heimat der Kartoffel)

· 1565 König Philipp von Spanien schickt dem kranken Papst Pius IV als Genesungsgeschenk ein Paket mit Kartoffeln

· 1574 und 1588 Carolus Clusius ist am botanischen Garten in Wien tätig und trägt zur ersten Verbreitung der Kartoffel in Mitteleuropa bei.

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Wann, wie und durch wen die Kartoffel von Amerika nach Europa kam, ist bis auf den heutigen Tag nie ganz genau geklärt worden. Wissenschaftler sehen einen Grund dafür darin, daß man anfänglich der Kartoffelstaude nur ungenügende Beachtung schenkte und somit nur wenige schriftliche Zeugnisse vorhanden sind, die uns präzise Auskunft geben. Daher möchte ich hier nur die eindeutig bekannten Marksteine aufzeigen, die den Weg der Kartoffel und ihren Siegeszug rund um die Welt kennzeichnen.

Allgemein gilt 1565 als das Jahr, in dem die Kartoffel nach Spanien und damit auf den europäischen Kontinent kam. Noch im Herbst des gleichen Jahres schickte König Philipp II. von Spanien dem kranken Papst Pius IV. sozusagen als Genesungsgeschenk ein Paket mit den bis dahin unbekannten Knollen. Daß schon gegen Ende des 16. Jahrhunderts der Kartoffelanbau in Spanien größere Beachtung fand, zeigt ein Dokument aus dem Hospital de la Sangre, in dem vom Handel mit "Papas", so die damals aus Südamerika übernommene Bezeichnung der Kartoffeln, die Rede ist.

In der Überlieferung schreibt man allgemein dem Engländer Francis Drake (1540-1596) das große Verdienst zu, die Kartoffel nach Europa gebracht zu haben. Obwohl dies nie bewiesen werden konnte, errichteten Bewunderer diesem englischen Seefahrer im badischen Offenburg ein Denkmal, das heute allerdingsnicht mehr steht.

Wahrscheinlicher ist, daß ein Zeitgenosse Drakes, der berühmte Seefahrer und Entdecker Sir Walter Raleigh (1552-1618), die Kartoffel in Irland eingeführt hat. Wir wissen, daß er auf seinem Gut Younghall die neue Frucht bereits angebaut hat. Ob die Engländer die Kartoffel während der großen See- und Eroberungsfahrten ihrer Marine direkt aus Südamerika oder als Beutegut von spanischen Faktoreien und Schiffen auf ihre Heimatinsel brachten, konnte bis heute noch nicht genau geklärt werden.

Im Jahre 1597 erschien jedenfalls in England die erste Abhandlung über die Kartoffel, und zwar das Buch "The Herbal", in dem der bedeutende Botaniker John Gerard eine kenntnisreiche und genaue Beschreibung der ihm damals bekannten Formen und Vegetationseigenschaften dieser neuen Ackerfrucht lieferte.

Erste zuverlässige Berichte über einen allgemein verbreiteten Kartoffelanbau in Irland liegen uns schon für das Jahr 1606 vor; merkwürdig, daß die Kartoffel in der irischen Literatur erst viel später, 1676, erwähnt wird. Da war freilich die Kartoffel schon von großer wirtschaftlicher Bedeutung geworden. In einer Sitzung der britischen Royal Society vom 20. März 1662 berichtete der Physiker Robert Boyle, daß viele Tausende von Iren ihre Rettung aus schwerer Hungersnot einzig und allein der Kartoffel zu verdanken hatten. Englische und irische Auswandererfamilien brachten die Kartoffel später nach Nordamerika, nach Schweden und Rußland.

Mitteleuropa verdankt die erste Verbreitung der Kartoffel den beiden Botanikern Philippe de Sivry aus Mons und Carolus Clusius aus Arras, der zwischen 1574 und 1588 am botanischen Garten in Wien, danach bis 1593 in Frankfurt am Main tätig war. Diesen beiden Wissenschaftlern gelangen, teils unabhängig voneinander, teils in gemeinsamer Arbeit, die ersten Erfolge einer genetischen Veredelung der Kartoffel, ohne die es wahrscheinlich nie möglich gewesen wäre, die Kartoffel in Europa zu einer allgemein verbreiteten Kulturpflanze zu machen.